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Marktchancen Russland

 

Zu Recht spricht man über Russland als einem der größten Absatzmärkte der Welt. Es gibt zwölf Ballungsgebiete mit mehr als 1 Mio. Einwohner und insgesamt rund 142 Mio. Einwohnern. Während in der westlichen Geschäftswelt kaum noch Nischen vorhanden sind und viele Unternehmen keine Möglichkeiten mehr zur Expansion haben, gibt es in Russland eine Vielzahl von Varianten, ein Geschäftsfeld zu besetzen. Erst vor 20 Jahren öffnete sich der „Eiserne Vorhang“. Davor war die Wirtschaft von Plan- und Defizitwirtschaft bestimmt. In vielen Segmenten der Volkswirtschaft herrschten starke Defizite. Innerhalb dieser letzten 20 Jahren wurden radikale Veränderungen vollzogen, die in der westlichen Welt Jahrzehnte gedauert haben.

 

Es liegt auf der Hand, dass diese rasanten Veränderungen in einem Riesenreich wie Russland noch lange nicht beendet sind. In den Betrieben bestehet nach wie vor ein hoher Modernisierungsbedarf, da immer noch 70 % des Maschinenparks veraltet sind. Allein 2014 lieferten deutsche Maschinen- und Anlagebauer Waren und Dienstleistungen im Wert von 6,5 Mrd. Euro. Für die deutschen Hersteller von Maschinen und Anlagen ist Russland der viertgrößte Markt weltweit. Maschinen und Anlagen stehen weiterhin auf der Liste der Notwendigkeiten ganz oben, sodass das gewaltige Wachstum in diesem Sektor weiter anhalten wird.

 

Hinzu kommt, dass aufgrund der hohen Einnahmen im Energie- und Rohstoffsektor die Staatskassen gefüllt wurden. Russland ist ein liquider Staat geworden. Die hohe Staatsverschuldung in den 90er-Jahren wandelte sich in einen Haushalts-überschuss um. In den nächsten Jahren stehen Modernisierungsprojekte in dreistelliger Euro-Milliardensumme im Energie- und Strommarkt sowie im Kohlenbergbau an. Die Gehälter stiegen in den letzten fünf Jahren um durchschnittlich 30 % pro Jahr. Dadurch wurde der Binnenkonsum erheblich angekurbelt. Die gestiegene Nachfrage nach Konsumgütern können einheimischen Produzenten mit einem Produktivitätswachstum von 6 % nicht allein bewältigen. Der Importboom von Investitions- und Konsumgütern wird sich weiter fortsetzten und eine Reihe von Chancen auch für deutsche Unternehmen bieten.

 

Die neue wirtschaftliche Stärke hat einen Bauboom in Gang gesetzt, der sich besonders in den Städten Moskau und St. Petersburg zeigt. Die Bau- und Baumaterialienwirtschaft ist eine der aussichtsreichen Branchen. Große Bauvorhaben werden russische Unternehmen unter sich ausmachen. Trotzdem hat der deutsche Mittelstand aufgrund seines hohen Spezialisierungsgrades als Subunternehmer Chancen auch in diesem Bereich. Vielversprechende Branchen sind ebenfalls die Automobilbau- und die Automobilzulieferindustrie, die Chemische Industrie, der Bankensektor, die Telekommunikationsbranche, die Nahrungsmittelindustrie, die Möbelindustrie, die Medizinwirtschaft, die Wasserversorgung und Müllbeseitigung. Generell kann gesagt werden, dass in den Branchen, in denen Deutschland weltweit gut aufgestellt ist, deutsche Unternehmen auch auf dem russischen Markt gute Aussichten auf Erfolg haben. Auffallend ist, dass auch Handwerkerleistungen deutscher Handwerker in Russland ein starkes Wachstum verzeichnen. Das niedrige Neveau des russischen Mittelstandes eröffnet vielen Gewerken aus Deutschland Chancen, als Zulieferer für Großunternehmen in Russland aktiv zu werden.

 

Viele Marktsegmente sind zudem noch unbesetzt. Wer es rechtzeitig schafft, sich seinen Marktanteil zu sichern, wird ihn bei richtiger Geschäftsstrategie auch kaum verlieren.

 

Deutschland ist für russische Unternehmen in Bezug auf die wirtschaftliche Zusammenarbeit Wunschpartner Nummer eins. In Russland werden Produkte „Made in Germany“ wegen ihrer guten Qualität hoch geschätzt. Auch die deutschen Tugenden wie Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit und Genauigkeit genießen in Russland hohes Ansehen. Dazu kommt, dass die meisten deutschen Unternehmen ein langfristiges Engagement in Russland planen und nicht auf das schnelle Geld aus sind. Letztendlich haben Russen und Deutsche ungeachtet der schrecklichen Ereignisse des letzten Jahrhunderts eine Affinität, die historisch über Jahrhunderte gewachsen ist.

 

Eine weitere Chance für ein Engagement in Russland ergibt sich aus der Existenz von Russlands neuen Unternehmern. Damit sind nicht die „neuen Russen“ gemeint, die skrupellos und auf Kosten des Staates und weiterer Bevölkerungsschichten zu Reichtum gelangt sind. Gemeint sind nicht die Schieber, Glücksritter und Oligarchen der Jelzin-Ära. Gemeint ist die neue Unternehmergeneration, die u. a. mit Eigeninitiative, Entscheidungskraft, Erfolgswillen, Lernbereitschaft, Zähigkeit und Flexibilität Unternehmen geschaffen hat, die beispielhaft für die Entwicklung einer neuen Geschäftswelt sind.

 

Nicht nur die die neue Generation junger, dynamische Unternehmer, sondern auch der eingeschlagene Reformkurs machen Russland für Investitionen attraktiver. Der Bürokratie und Korruption ist weiterhin der Kampf angesagt. Wichtige Struktur-reformen werden umgesetzt. Dazu gehören die Justizreform, die Steuerreform und die Rentenreform. Rechtliche Lücken in der Bodengesetzgebung wurden ausgeräumt und machen somit den gesicherten Erwerb von Grund und Boden möglich. Wichtige Änderungen gab es auch im Devisenrecht.

 

Die Hürden auf dem russischen Markt sind längst nicht mehr so hoch wie die gebotenen Geschäftschancen. Markteinsteiger müssen trotzdem in jeder Hinsicht Investitionsbereitschaft mitbringen. Selbst wenn kein Kapital investiert wird, so investiert jedes Unternehmen überdurchschnittlich viel Zeit, Geduld und Engagement beim Einstieg in den russischen Markt. Der Lohn dafür sind oft ungewöhnlich hohe Umsätze und Gewinne mit hoffnungsvollen Wachstumsraten.

 

 

Auszug aus dem Buch von Simone Sarodnick,

„Business-Guide Russland. Spielregeln, Fallstricken, Chancen“, S. 41-45  

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